
Was ist ein Seminar?
Das Seminar ist ein dialogisch ausgerichtetes Lehr-/Lernformat, das typischerweise in kleinen Gruppen stattfindet. Es ist geprägt durch aktive Beteiligung der Studierenden, intensive Diskussionen, Analysen, Präsentationen und weitere kooperative Arbeitsformen.
Im Mittelpunkt steht die reflektierte Auseinandersetzung mit Theorien, Positionen und fachlichen Fragestellungen. Die Lehrperson moderiert den Prozess, gibt Impulse und fördert die Entwicklung von Urteils- und Argumentationskompetenz.
Ziele und Funktionen eines Seminars

👉 Ziel eines Seminars ist die kritische Auseinandersetzung mit Inhalten – forschend, verstehend, argumentierend.
Typische Herausforderung in der Seminargestaltung
🟥 Problem | 🟨 Auswirkung | 🟩 Didaktische Empfehlung |
---|---|---|
Lehrperson dominiert den Diskurs | Studierende sind passive Zuhörende: sie diskutieren wenig, übernehmen keine Verantwortung, Reduktion auf Frontalformat | Moderieren statt dozieren: z.B. – Impulse setzen, – Beiträge aufnehmen, – Raum geben |
Immer dieselben Studierenden beteiligen sich | Studierende sind ungleich eingebunden: Zurückhaltende ziehen sich zurück, sozialer Lernwert bleibt begränzt | Beteiligung gezielt steuern z.B. durch – Kleingruppen, – Sprechreihen, – strukturierte Austauschformate |
Referate ohne Diskussionsanschluss | Studierende sind passive Zuhörende: sie folgen lediglich dem Vortrag, es entsteht keine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Inhalt | Anschluss schaffen: z.B. durch – Kurzformate mit klaren Impulsfragen, – anschließende Kleingruppendiskussionen |
Diskussionen drehen sich im Kreis | Studierende sind gelangweilt: sie hören Wiederholungen, erleben wenig inhaltliche Entwicklung und gewinnen kaum neue Erkenntnisse | Diskurs fokussieren: z.B. mit – Leitfragen, – Visualisierungen, – gezielter Rollenvergabe in der Diskussion |
Unklare Arbeitsanweisungen | Studierende sind verunsichert: sie zeigen geringe Eigeninitiative, verstehen die Anforderungen nicht und haben Schwierigkeiten, sich im Seminar zu orientieren | Klarheit durch Struktur schaffen: z. B. – Aufgaben präzise formulieren, – Ziel und Ablauf visualisieren, – Rückfragen aktiv einladen |
Gruppenarbeit ohne Struktur | Studierende sind orinetierungslos: sie arbeiten ineffizient, übernehmen keine Rollenverantwortung, einzelne dominieren die Gruppe | Zusammenarbeit gezielt organisieren: z. B. – Rollenverteilung (Sprecher:in, Zeitmanager:in), – klare Zeitvorgaben, – gemeinsame Ergebnispräsentation |
Tipp: Beobachten Sie aktiv das Gruppengeschehen – und passen Sie Aufgaben und Methoden flexibel an. Seminargestaltung ist immer auch Prozesssteuerung.
Auswahl Arbeitsformen
Die Auswahl und Gestaltung von Arbeitsformen bestimmt maßgeblich, wie aktiv, nachhaltig und kooperativ Lernen im Seminar gelingt.
Formattyp | Merkmale | Geeignet für … |
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Plenumsdiskussion | Studierende denken gemeinsam über eine Fragestellung nach – moderiert durch die Lehrperson. | Austausch von Meinungen, Perspektivwechsel, gemeinsames Nachdenken, Argumentationstraining, kollektive Reflexion |
Kleingruppenarbeit | Studierende erzielen ein gemeinsames Ergebnis durch kooperative Zusammenarbeit. | für Anwendung von Wissen, kooperatives Arbeiten, Perspektivwechsel, vertiefende Auseinandersetzung, Ergebnissicherung, soziale Interaktion |
Einzelarbeit | Studierende reflektieren selbstständig und konzentriert über Aufgaben oder Texte. | individuelle Vertiefung, selbstständige Aufgabenbearbeitung, konzentrierte Textarbeit, persönliche Reflexion, Vorbereitung komplexer Themen |
Referat / Präsentation | Studierende präsentieren ihre Ergebnisse strukturiert vor der Gruppe. | Wissensweitergabe, eigenverantwortliche Darstellung, Ergebnispräsentation, strukturierte Redeübung, Diskussionsanlass |
Fallarbeit / Projekt | Studierende bearbeiten praxisnahe, komplexe Probleme gemeinsam. | praxisorientiertes Arbeiten, eigenverantwortliches Problemlösen, Anwendung und Transfer von Wissen, Planung und Umsetzung komplexer Aufgabenstellungen in Teamprozessen |
Plenumsdiskussion

Eine Plenumsdiskussion ist ein moderiertes Format, das sich besonders für den Einstieg in ein Thema, dessen Vertiefung und die Meinungsbildung in der gesamten Gruppe eignet.
Das Ziel ist dabei die Förderung der Informationsverarbeitung, die Verinnerlichung fachbezogener Inhalte sowie deren Bewertung und Einordnung in individuelle Wissensbestände.
Um eine Plenumsdiskussion wirksam zu gestalten, sollte die Lehrperson einen geeigneten Impuls wählen (z.B. Zitat, These, Video) und eine meinungsoffene Diskussionsfrage formulieren, die nicht nur das Abfragen von Wissen zum Ziel hat.
Die Rolle der Lehrperson ist dabei moderierend und unterstützend. Wichtig ist es, den Studierenden Raum zu geben, damit sie eigene Gedanken entwickeln können.
Abschließend sollten die Diskussionspunkte gesichert werden (z.B. auf digitalen Whiteboards), eventuell mit einer Reflexionsfrage, um individuelle Gewinne sichtbar zu machen.
Kleingruppenarbeit

Die Kleingruppenarbeit ist eine etablierte kooperative Arbeitsform und sie fördert aktives Lernen, indem Studierende gemeinsam Aufgaben lösen, Perspektiven austauschen und Ergebnisse entwickeln.
So wird verhindert, dass einzelne dominieren oder sich andere entziehen (soziales Faulenzen), was sonst die Gruppendynamik und den Lernerfolg gefährden kann.
Lehrpersonen sollten darauf achten, dass:
- alle Gruppenmitglieder Verantwortung übernehmen → gegenseitige Abhängigkeit,
- die Gruppengröße sinnvoll gewählt ist → 4–6 Personen,
- ein Ergebnisbericht eingefordert wird → Verpflichtung zum Bericht
Einzelarbeit

Einzelarbeit bietet Studierenden die Möglichkeit, sich selbstgesteuert und konzentriert mit Aufgaben, Texten oder Fragestellungen auseinanderzusetzen – in ihrem eigenen Tempo und ohne soziale Ablenkung.
Sie dient vor allem der vertieften Reflexion, der Vorbereitung auf komplexe Themen oder der eigenständigen Analyse von Texten und Materialien. Diese Form fördert Selbstverantwortung, kognitive Ruhephasen und die individuelle Wissensintegration.
Didaktisch sinnvoll eingesetzt, sollte die Einzelarbeit:
- einen klaren Arbeitsauftrag mit definiertem Ziel enthalten,
- gut im Seminarverlauf verankert und zeitlich realistisch bemessen sein,
- durch anschließende Rückmeldephasen (z. B. in Tandems, Gruppen oder im Plenum) ergänzt werden,
- in ihrer Funktion (z. B. zur Reflexion oder Vorbereitung) transparent gemacht werden,
- und Ergebnisse hervorbringen, die sinnvoll in den weiteren Verlauf eingebunden werden können.
Referat / Präsentation

Referate und Präsentationen ermöglichen Studierenden, fachliche Inhalte selbstständig aufzubereiten und zu vermitteln. Dabei übernehmen sie Verantwortung für einen Lernimpuls, trainieren ihre Kommunikationskompetenz und profitieren vom Prinzip des Lernens durch Lehren: Wer erklärt, versteht vertiefter.
Didaktisch sinnvoll eingesetzt, fördern sie nicht nur die Wissensweitergabe, sondern auch die Vertiefung durch gezielte Diskussionen. Damit dies gelingt, sollten Lehrpersonen:
- kompakte Kurzformate einsetzen,
- das Referat mit Leitfragen und klaren Zielen strukturieren,
- und eine anschließende Reflexions– oder Diskussionsphase einplanen.
So bleibt das Referat nicht bei der reinen Informationsweitergabe stehen, sondern wird in den aktiven Lernprozess eingebettet.
Fallarbeit / Projekt

Fallarbeiten und Projekte sind praxisnahe und problembasierte Formate, die den Transfer von Wissen auf reale oder simulierte Situationen sowie die Analyse komplexer Fragestellungen fördern. Solche Formate schaffen Lernräume, in denen Studierende selbstgesteuert lernen. Die Lehrenden übernehmen eine begleitende und moderierende Lernunterstützung. Fallarbeiten und Projekte sind ideal, um Inhalte fokussiert und tiefgehend zu bearbeiten, was Verständnis, Beteiligung und nachhaltiges Lernen fördert.
Didaktisch sinnvoll eingesetzt, sollte das Format:
- einen realistischen, relevanten und gut abgegrenzten Fall enthalten,
- eine Phasenstruktur zur Bearbeitung (Analyse, Planung, Umsetzung, Reflexion) bieten,
- betreut und strukturiert begleitet werden,
- Raum für Kreativität und eigene Lösungen zulassen,
- mit einer abschließenden Ergebnispräsentation oder Dokumentation verbunden sein.
Wie planen sie ein Seminar
Die Planung eines Seminars geht weit über die Auswahl von Inhalten hinaus. Ziel ist es, Lernprozesse aktiv zu gestalten – durch klare Ziele, methodische Vielfalt und strukturierten Ablauf. Im Fokus steht: Wie können Studierende zum Mitdenken, Mitdiskutieren und Mitgestalten angeregt werden? Dafür braucht es ein planvolles didaktisches Vorgehen.

Bloom-Taxonomie – ein Modell zur Einordnung von Lernzielen in kognitive Stufen – von einfach bis komplex: Wissen, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Evaluieren, Kreieren.
SMART-Ziele – Eine Methode zur Zielformulierung, bei der Ziele:
Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert sind.
Ziele & Planung in der E-Didaktik
🎯 Fazit
Eine gute Seminarplanung schafft die Voraussetzungen für vertieftes Lernen, Austausch auf Augenhöhe und gemeinsame Erkenntnisprozesse. Wer sich dabei an klaren Zielen, didaktisch passenden Methoden und strukturierten Abläufen orientiert – und offen bleibt für Ungeplantes –, legt den Grundstein für eine wirksame Lehre.
Wie organisieren Sie Diskussionsrunden im Seminar
Ziel: Wählen Sie einen geeigneten Impuls: z. B. Zitat, These, Video, Artikelabschnitt. der Informationsverarbeitung, Verinnerlichung der fachbezogenen Inhalte, deren Bewertung und Einordnung in individuelle Wissensbestände, sowie Förderung der Softskills – kommunikativer, argumentativer Kompetenzen und kritischer Reflexion.
Schritte:
Sichern Sie die Ergebnisse: Diskussionspunkte sichern (z. B. auf interaktivem digitalem Whiteboard), ggf. mit Reflexionsfrage abschließen, um individuelle Gewinne sichtbar zu machen. Xournal / Easywhiteboard / Conceptboard / Miro / Colaboard / SMART Board
Diskussion vorbereiten – Schritt für Schritt
🧠 1. Impuls wählen
Wählen Sie einen geeigneten Einstieg, z. B.:
🔹 ein Zitat
🔹 eine These
🔹 ein kurzes Video
🔹 ein Artikelabschnitt
💬 2. Offene Frage formulieren
Stellen Sie eine meinungs- oder urteilsoffene Frage – keine Wissensabfrage!
➡️ Beispiele:
„Was spricht für/gegen …?“
„Wie würden Sie das bewerten?“
👥 3. Diskussionsformat auswählen
Entscheiden Sie sich für ein passendes Setting:
🔁 Plenum
🐟 Fishbowl
🎯 Kugellager
👨👩👧👦 Gruppenrunde
⏱ 4. Zeitrahmen setzen
Klären Sie im Vorfeld:
🕒 z. B. 10 Minuten Diskussion, 5 Minuten Auswertung
🎤 5. Moderation bewusst vorbereiten
Reflektieren Sie Ihre Rolle als Lehrperson:
🔹 Aktiv steuernd (z. B. durch gezieltes Nachfragen)
🔹 oder beobachtend-zurückhaltend
- Wählen Sie einen geeigneten Impuls: z. B. Zitat, These, Video, Artikelabschnitt.Formulieren Sie eine offene Diskussionsfrage: offen, meinungs- oder urteilsoffen (z. B. „Was spricht für/gegen …?“), kein reines Abfragen von Wissen.
- Entscheiden Sie sich für ein passendes Format: Plenum, Fishbowl, Kugellager, Gruppenrunde.
- Setzen Sie klare Zeitrahmen: z. B. 10 Minuten Diskussion, 5 Minuten Rückmeldung.
- Bereiten Sie Ihre Moderation bewusst vor: eigene Rolle vorab reflektieren – gezielt steuernd (z. B. durch Nachfragen) oder beobachtend-zurückhaltend?